Publikation 01/12/2013 - Spring Procurement
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Publikation 01/12/2013

1.12.2013, Business + Logistic

Krisenvermeidung in der Versorgung
 
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, haben viele Unternehmen ihre Supply-Chains in den vergangen Jahren intensiv optimiert. Auf der anderen Seite ist das Risiko einer Unterbrechung der Lieferkette dramatisch gestiegen.
 
EIN FACHBEITRAG VON MARKUS GATTRINGER
 
Zahlreiche Optimierungsmaßnahmen in der Beschaffung haben in den letzten Jahren die Abhängigkeiten von einzelnen Zulieferern spürbar erhöht. Durch die zunehmende Optimierung bleibt weniger Spielraum in der Versorgungskette und das Schadenspotenzial von unvorhergesehenen Störungen in der Supply-Chain etwa durch Qualitätsmangel bei einem bedeutenden Zulieferer steigt drastisch.
 
Es drohen Ertragsausfälle und/oder zusätzliche Kosten. Sogenannte Supply Chain-Störungen stiegen zwischen 2009 und 2011 um 465 Prozent und verursachten weltweit Kosten von rund 350 Milliarden US-Dollar pro Jahr, so eine jüngere Studie des Business Continuity Institutes. Um langfristig am Markt bestehen zu können, müssen also die eingegangenen Supply Chain-Risiken frühzeitig erkannt und pro-aktiv gemanagt werden“, so Markus Gattringer, Projektleiter bei Spring Procurement einem Spezialisten für strategische Einkaufsoptimierung.
 
Risiken richtig identifizieren
 
Erfolgreiches Supply-Chain-Risk- Management (SCRM) unterteilt sich typischerweise in die Phasen Identifizierung, Analyse und Bewertung sowie Steuerung und Überwachung der Risiken. In der ersten Phase geht es um die Identifizierung der Risiken im internen und externen Umfeld, also um die Frage, wo es überhaupt Risiken gibt. Das Skizzieren der Supply Chain hilft in der Praxis bei diesem Schritt, wobei dabei entscheidend ist zu definieren, wie detailliert die Betrachtung erfolgen soll. Hat man für ein Produkt ein breites Lieferantenportfolio (mit rasch austauschbaren Lieferanten), so ist möglicherweise die Betrachtung des direkten Zulieferers ausreichend. Wenn es nur einen oder sehr wenige Lieferanten gibt, muss die Lieferkette bis zum Ursprung betrachtet werden.
 
Individuelle Risikoumfelder
 
Das Risikoumfeld jedes einzelnen Unternehmens gestaltet sich sehr individuell. Angefangen von politischen Unsicherheiten und Naturkatastrophen (externes Risiko) über Produktionsausfalle bei Lieferanten (Lieferantenrisiko) und Ausfälle der Infrastruktur (Verteilungsrisiko) bis hin zu Fehlern in der Planung (internes Risiko). All diese Risiken können zu einer Unterbrechung der Lieferkette führen. Für externe Risiken gibt es weltweit zahlreiche Beispiele aus jüngster Vergangenheit wie das Hochwasser diesen Sommer in Europa oder die Nuklearkatastrophe von Fukushima. Mehr als 80 Prozent der vom Erdbeben in Japan betroffenen Unternehmen haben im vergangenen Jahr als Konsequenz ihre Wertschöpfungsketten verändert oder neu aufgestellt. Obwohl das Schadensausmaß dieser globalen Ereignisse drastisch ausfällt, seien in der Praxis die meisten Ursachen für Supply Chain- Störungen vor allem intern (wie etwa Planungsfehler) und direkt an den Schnittstellen zu Lieferanten (wie Kommunikationsfehler oder schlechtes Supplier Relationship Management) zu finden, berichtet Gattringer aus seiner Projekterfahrung.
 
Das richtige Portfolio
 
Sind die Risiken identifiziert, erfolgt die Analyse und Bewertung derselben. Dabei werden je Risikoart die Eintrittswahrscheinlichkeit und die möglichen Konsequenzen eingeschätzt. Die analysierten Risiken werden in einem Risikoportfolio transparent dargestellt.
 
Die Risikobewertung legt fest, ob gegen ein bekanntes Risiko aktive Maßnahmen gesetzt werden müssen. Es gilt, den Grenzwert zu finden, an dem ein Risiko gerade noch toleriert werden kann. Diese Grenze ist für jedes Unternehmen individuell und kann sich unter Umständen sogar spezifisch für Standorte bzw. Produktlinien darstellen.
 
Überwachen und steuern
 
Ist das Risiko analysiert und bewertet, gilt es dieses zu überwachen und zu steuern. Die Risikosteuerung befasst sich sowohl mit dem Schutz der Supply Chain als auch mit dem Vorgehen im Eintrittsfall einer Krise. Um Risiken zu senken, können präventive Maßnahmen gesetzt werden, die an die jeweiligen individuellen Anforderungen anzupassen sind. Dabei kann entweder die Eintrittswahrscheinlichkeit minimiert werden oder die Konsequenz abgemildert werden. Unternehmen müssen Ausfällen, Verspätungen, Beschädigungen etc. entlang der Supply Chain vorbeugen. Ebenso soll auch unbefugter Zugang zu den gelieferten Gütern vermieden werden, um Diebstahl von materiellem oder geistigem Eigentum sowie Warenschmuggel (z.B. Waffen, gefälschte Produkte etc.) zu verhindern. Zusätzlich müssen Unternehmen eine Limitierung der Konsequenzen durch Back-Up-Lieferanten, Pufferlager, Versicherungen etc. sicherstellen.
 
Der Krisenplan
 
Für den Fall, dass eine Krise eintritt, gilt es entsprechende Krisenreaktionspläne zu entwickeln. Erfolgsentscheidend sind die genaue Definition von Rollen und Hierarchien im Risikomanagement sowie das ausgiebige Testen des Prozesses, um im Ernstfall gerüstet zu sein und schnell reagieren zu können. Dabei ist das Implementieren eines schlagkräftigen Kriseneinsatzteams empfehlenswert. Dieses soll jederzeit einsetzbar sein, und mit vordefinierten Aufgaben die nötigen Maßnahmen zur Krisenbewältigung einleiten, um möglichen finanziellen Einbußen und Imageschäden entgegenzuwirken.
 
Ständig optimieren
 
SCRM ist ein sich stetig entwickelnder Prozess. Es muss ständig optimiert und an sich ändernde Rahmenbedingungen angepasst werden. Dabei wird in regelmäßigen Abständen geprüft, ob Risiken hinzugekommen sind oder wegfallen. Der Entwicklungsstand der verschiedenen Industrien und Unternehmen in diesem noch recht jungen und sich rasch entwickelnden Fachgebiet ist sehr inhomogen. Während manche Unternehmen nicht einmal ihre Risiken in der Supply-Chain erkannt haben, bewerten andere ihre Risiken mit fundierten Analysen und haben Maßnahmenkataloge für den Ernstfall entwickelt.
 
Restrisiko bleibt immer
 
Mit Hilfe eines professionellen SCRM-Systems können nicht alle Risiken eliminiert werden: Mit dem frühzeitigen Erkennen und der Schaffung von Entscheidungsgrundlagen für strategische und operative Maßnahmen kann der Schaden bei einer Störung in der Supply- Chain jedoch minimiert werden. Dies ist natürlich mit Aufwand verbunden, kann aber im Extremfall sogar existenzbedrohende Auswirkungen verhindern bzw. abschwächen. Zusammenfassend kann man sagen: Risikomanagement kostet Geld aber kein Risikomanagement zu haben, kostet noch mehr Geld! Damit wird SCRM zu einem Mosaikstein für den nachhaltigen Geschäftserfolg.