Publikation 03/09/2008 - Spring Procurement
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Publikation 03/09/2008

3.9.2008 (Printausgabe), Wirtschaftsnachrichten Donauraum

Besser einkaufen

Der Einkaufskostenanteil von Unternehmen am Umsatz liegt zwischen 30 und 70 Prozent. Gerade in Klein- und Mittelbetrieben gibt es hier noch eine Menge ungenutztes Optimierungspotenzial, meint Klemens Figlhuber, geschäftsführender Partner des Beschaffungsberaters Spring Procurement.

Wo liegen die am stärksten ausgeprägten Schwachstellen im Beschaffungsmanagement österreichischer KMU?

In der täglichen Praxis haben mittelständische Unternehmen einige Schwachstellen:

1. Die strategische Wichtigkeit des Einkaufs auf den Unternehmenserfolg wird stark unterschätzt. Der Materialeinsatz beträgt in der Regel zwischen 40 und 60 Prozent des Umsatzes, das heißt, Einsparungen in der Beschaffung haben eine deutlich stärkere Hebelwirkung als reine Umsatzsteigerung.

2. Die Beschaffung ist größtenteils regional beziehungsweise auf den deutschsprachigen Raum beschränkt.

3. Langjährige Lieferpartnerschaften werden nicht hinterfragt, obwohl deutlich günstigere Alternativen vorhanden wären.

4. Statt einem strategischen Beschaffungsmanagement finden wir häufig ein operatives Bestellwesen mit nur rudimentärer strategischer Ausrichtung vor.

5. Vermeintlich nicht relevante Warengruppen werden am Einkauf vorbei beschafft(„Maverick Buying“).

Welche Ausbildungsdefizite bestehen bei heimischen Einkaufsmanagern?

Gerade in kleineren mittelständischen Unternehmen ist der Einkauf oftmals historisch gewachsen, das heißt, Mitarbeiter aus Produktion und Technik ohne betriebswirtschaftlichen Background und mit vielfach nur geringen Englischkenntnissen übernehmen sukzessive immer mehr beschaffungsrelevante Aufgaben. Sie fungieren häufig als Trouble Shooter, die dafür verantwortlich sind, dass genügend Materialien zur Aufrechterhaltung der Produktion vorhanden sind. Strategische Einkäufer sind oft nicht vorhanden. Wir haben festgestellt, dass viele Einkaufsmanager zwar häufig Schulungen besuchen, aber nicht genug daraus mitnehmen können. Diese Schulungen sind oft nicht branchenspezifisch und meist noch weniger praxisorientiert.

Welchen Stellenwert haben Berater, wenn es um die Optimierung des Einkaufs geht, welchen die Einkaufsmanager selbst und welchen die Lieferanten? Wie wirkt sich in diesem Zusammenhang die derzeitige Rohstoffpreisentwicklung aus?

Einkaufsmanager sind in der Regel sehr fleißig, jedoch vielfach mit dem Tagesgeschäft voll ausgelastet. So fehlt Zeit für die globale Suche nach neuen Lieferquellen. Der Fokus wird dann häufig nur auf die größten Warengruppen gelegt, kleinere Warengruppen werden oft vernachlässigt. Diese bergen daher meist das größte Einsparungspotenzial. Berater können als zusätzliche Ressourcen die bestehende Einkaufsmannschaft entlasten, nach neuen Lieferanten suchen, neue Verträge aushandeln und so nachhaltige Einsparungen erzielen. Viele Unternehmen sind derzeit in einer Zwickmühle: Rohstoffpreissteigerungen können oft nicht einfach an Kunden weitergegeben werden. Hier kann es sich lohnen, externe Berater hinzuzuziehen, um beispielsweise Risikomanagementsysteme (zum Beispiel Hedging von Preisvolatilitäten bei Metallen, Öl oder anderen Rohstoffen) zu implementieren. Auch Lieferanten können mit innovativen Ideen neue Lösungsansätze bieten, insbesondere in Warengruppen mit hoher strategischer Bedeutung oder komplexen logistischen Anforderungen.

Was sind die grundlegenden Bausteine einer alltagstauglichen Beschaffungsstrategie für ein produzierendes KMU in Österreich?

Grundsätzlich besteht ein strategischer Einkauf aus folgenden Bausteinen:

1. Lieferantenmanagement: Laufende Überprüfung von bestehenden Lieferpartnerschaften anhand der Kriterien Preis, Leistung, Qualitätssicherung und Liefertreue. Tendenziell gilt: Je länger die Partnerschaft besteht, desto höher ist meist auch der Preis.

2. Interne Strukturen: Rechtzeitige Einbindung des Einkaufs in den Beschaffungsprozess, Vermeidung von Einkaufen am Einkauf vorbei.

3. Qualität und Spezifikationen: Kontinuierliche Optimierung von Qualität und Spezifikationen, Vermeidung eines zu hohen Qualitätslevels bei nicht-entscheidenden Gütern.

4. Technologie: Verfügbarkeit von aktuellen und akkuraten Einkaufsdaten.

5. Global Sourcing: Konsequentes Screening sämtlicher relevanter Beschaffungsmärkte.

Ersetzen im heimischen Mittelstand Produktionsverlagerungen in die CEE-Länder als Stand-alone- Maßnahme umfassende Beschaffungsoptimierung?

Nein. Die Verlagerung der Produktion in CEE-Länder kann eine sehr effektive Möglichkeit sein, die Kosten zu senken. Aufgrund des starken Einflusses des Einkaufs auf das Unternehmensergebnis kann eine Produktionsverlagerung umfassende Beschaffungsoptimierung nicht ersetzen.

Wie aufwändig ist echtes Global Sourcing, und ab welcher Unternehmensgröße ist es im KMU-Bereich sinnvoll machbar?

Grundsätzlich ist die Unternehmensgröße kein einschränkender Faktor. Ob Global Sourcing sinnvoll ist, hängt von der Warengruppe und den Bedürfnissen des Unternehmens ab. Klarerweise steigen die Anforderungen des Einkaufs in vielerlei Hinsicht. Sprachliche Barrieren, verschiedene Zeitzonen, Mentalitätsunterschiede und verlängerte Transportwege erhöhen die Komplexität vor allem anfangs stark.

In letzter Zeit ist es etwas still um die vor einiger Zeit gehypten elektronischen Beschaffungsplattformen geworden. Funktionieren sie so gut oder gar nicht?

Elektronische Beschaffungsplattformen funktionieren insbesondere bei Materialien mit hoher Bestellhäufigkeit und geringem Warenwert (wie Büromaterial) sehr gut. Hier sind diese Systeme ein effizientes Tool zur Reduktion von Transaktionskosten und -zeiten. Das beste elektronische Katalogsystem ist jedoch wertlos, wenn diesem schlecht verhandelte Preise hinterlegt sind. In den letzten Jahren wurden auch Online- Auktionen immer wieder diskutiert. Diese Portale funktionieren oft nur, wenn sich alle Teilnehmer an die Spielregeln halten. Nach einigen Auktionen verlieren Lieferanten, die nicht zum Zug gekommen sind, meist das Interesse an diesen Auktionen und nehmen nicht mehr teil.

Wie hoch ist der Anteil von „Green Procurement“ bei Ihren Kunden? Welche Entwicklung nimmt dieses Beschaffungssegment derzeit und ist es auf einzelne Produktgruppen beschränkt?

Derzeit ist der Anteil der Industrieunternehmen, denen „Green Procurement“ wichtig ist, relativ gering. Im Vordergrund stehen derzeit eher Kosteneinsparungen durch den Druck steigender Rohstoffkosten. Aus Image- und Reputationsgründen ist „Green Procurement“ ein Schlagwort, welches wir in Zukunft noch öfter hören werden. Im Zuge von CSR-Programmen (Corporate Social Responsibility) sind vor allem Großunternehmen bestrebt, auch die Beschaffung „grüner“ zu gestalten.