Publikation 14/03/200814.3.2008 (Printausgabe), WirtschaftsBlatt
Gastkommentar: Mittelstand darf den Einkauf nicht vernachlässigen
Die Erfahrung zeigt, dass sich bei starkem Wachstum nicht alle Unternehmensbereiche gleich entwickeln.
Dem österreichischen Mittelstand geht es dank der starken Binnenwirtschaft und der erfolgreichen Expansion nach Osteuropa so gut wie seit Langem nicht. So ergibt eine Mitgliederbefragung der Creditreform, dass 44 Prozent der Mittelständler, gegenüber 38 Prozent im Vorjahr, mit steigenden Umsätzen rechnen.
Dementsprechend treiben Mittelständler ihre Expansion voran. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass sich im Zuge des starken Wachstums nicht alle Unternehmensbereiche gleichermaßen weiterentwickeln. Millionenbeträge gehen verloren, weil häufig auf die Optimierung des strategischen Einkaufs vergessen wird. Die Mitarbeiter des Einkaufs können vielfach aufgrund knapper Personalressourcen nur Dispositionsaufgaben übernehmen und vernachlässigen den strategischen Einkauf. Weitere Probleme sind mangelhafte Englischkenntnisse sowie geringes interkulturelles Know-how in den Einkaufsabteilungen vieler Mittelständler. So werden regionale Lieferanten trotz eklatanter Nachteile in Preis und Qualität gegenüber ausländischen Lieferanten bevorzugt.
Einige Unternehmen erkennen bereits die Bedeutung eines professionellen Einkaufs. Deshalb machen sie ihren Einkauf durch den Aufbau eines strategischen Beschaffungswesens, durch verbesserte Organisationsstrukturen und durch Mitarbeiterschulungen fit für zukünftige Herausforderungen. Ziel dieser Maßnahmen ist die nachhaltige Optimierung der Materialkosten. Durch ein illustratives Beispiel wird die Hebelwirkung eines optimierten strategischen Beschaffungsmanagements verdeutlicht: Ein Industrieunternehmen erzielt mit einem Umsatz von 50 Millionen € und einem Einkaufsvolumen von 20 Millionen € ein EBIT von fünf Millionen €. Mit einem professionellen strategischen Beschaffungsmanagement können bei gleichbleibender oder steigender Qualität in der Regel etwa zehn Prozent im Einkauf gespart werden. Das EBIT erhöht sich in diesem Fall um zwei Millionen € oder 40 Prozent, eine Steigerung die sich durch reine Umsatzsteigerung nur mit erheblichem Aufwand realisieren lässt. Alternativ kann durch die Weitergabe von Preisreduktionen die eigene Wettbewerbsfähigkeit gesteigert werden.
Georg Haas ist geschäftsführender Gesellschafter von Spring Procurement
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